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Let's celebrate EU, vai nē ?

Während der 8. Mai als Tag der Feierlichkeiten anlässlich des Jahrestages des Endes des 2. Weltkrieges in vielen westlichen Ländern ein nationaler Feiertag ist (aus bekannten Gründen allerdings nicht in Deutschland und auch nicht in Lettland), wird nun schon seit über 30 Jahren der 9. Mai in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Europa-Tag gefeiert.


Am 9. Mai 1950 schlug der damalige französische Außenminister Robert Schumann vor, eine Europäische Produktionsgemeinschaft für Kohle und Stahl zu gründen, woraufhin kurz darauf die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet wurde, die den Grundstein für die heutige EU legte.


Da nur die wenigsten Letten um die Vorteile wissen, die Lettlands Mitgliedschaft in der EU (seit 2004) und der Währungsunion (seit 2014) mit sich bringen, nutzten viele Insitutionen und Botschaften gestern die Möglichkeit, Werbung für sich und vor allem für die EU zu machen. Auch für uns Freiwillige hat der Tag große Bedeutung, schließlich wird unser Aufenthalt in Lettland von Erasmus+ und damit von der EU finanziert. Keine EU - kein Europäischer Freiwilligendienst.


Aus diesem Grund war auch ich gestern in Riga, um vor Ort herauszufinden, wie Riga die Europäische Union zelebriert. Und ich war ziemlich erstaunt. Das EU-Haus veranstaltete einige Aktionen in den eigenen Räumen: man konnte kurze Videos über seine Wünsche für die europäische Zukunft drehen, den Mitarbeitern Löcher in den Bauch fragen und sein Wissen in den Europäischen Examen testen. Außerdem hatte das EU-Haus Schüler engagiert, die mit Kreide ihre Wünsche für die EU symbolträchtig vor das Freiheitsdenkmal schrieben und Passanten über die EU aufklärten und zum Mitmachen animierten.


Auch einige europäische Botschaften nutzten die Möglichkeit, öffneten ihre Türen für Zivilbesucher und gaben ihnen einen einzigartigen Einblick in die Arbeitweise einer Botschaft und die Zusammenarbeit von Lettland mit den Mitgliedsstaaten der EU.


Auch wenn die Letten eher politikverdrossen sind, fanden die Aktionen großen Anklang - was wahrscheinlich auch am guten Wetter lag. Riga profitiert momentan zudem vom Beginn der Tourismussaison, denn mittlerweile drängen sich wieder Scharen an Touristen durch die Rigaer Altstadt.


Ein kleiner Wehrmutstropfen (jedenfalls aus meiner Sicht) fand allerdings auf der anderen Seite der Daugava (der 700m breite Fluss, der Riga in zwei Hälften teilt) statt. In Russland und einigen Ländern, die in der Vergangenheit zur Sowjetunion gehörten, (z.B. Weißrussland, Moldawien etc.) wird der 9. Mai als 'Tag des Sieges' gefeiert, um des Endes des 2. Weltkrieges zu gedenken. Da die russische Gemeinde in Lettland stark vertreten ist - Studien sprechen von bis zu 40% der Bevölkerung Lettlands, die Anhänger Russlands bzw. Putins sind - fand auch in Riga, neben der Siegessäule, eine Großveranstaltung mit mehreren Tausend Menschen statt. Sie sangen russische Lieder, legten Blumen nieder und ehrten die Gefallenen mit Fotos. So wie es in vielen anderen Ländern auch getan wird. Dennoch hatte das Event einen faden Beigeschmack.


Im Gras spielten Kinder in Uniformen der Roten Armee. Und praktisch jeder trug das Sankt-Georgs-Band, einen Orden, der im 2. Weltkrieg besonders tapferen Soldaten der Roten Armee verliehen wurde. Der Geruch von Vodka lag in der Luft und auf der großen Anzeigetafel prangte immer wieder ein einziges Wort: Victory. In diversen Sprachen. Natürlich kamen viele Menschen vor allem, um den Frieden zu zelebrieren und dennoch hatte die Veranstaltung den Anschein einer großen Propagandashow.



Vielen Letten ist diese Veranstaltung ein großer Dorn im Auge. Verständlicherweise*. Noch immer gibt es durchaus Probleme mit der russichsprachigen Bevölkerung Lettlands (auch wenn ich natürlich nicht generalisieren möchte), die sich teilweise weigert, die Landessprache zu lernen oder sogar Lettland ans souveränen Staat anzuerkennen.


Für mich sind diese Entwicklungen sehr interessant. Vor allem aber, weil ich weiß, dass ich in naher Zukunft wieder in ein westeuropäisches Land zurückziehen werden kann. Ein Privileg, dessen ich mir lange Zeit nicht bewusst war.


Und so endet dieser Europa-Tag 2018 für mich mit vielen neuen Eindrücken, einem kleinen Sonnenbrand und vor allem der (sehr idealistischen und vielleicht etwas zu naiven) Hoffnung, dass wir alle zusammen irgendwann, irgendwo einen gemeinsamen Tag des Friedens feiern können.


*wie immer zeigt dieser Beitrag nur meine ganz persönliche Meinung und ich möchte niemandem zu nahe treten


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