42 Tage in Frankreich
In einer Woche ist nun der Oktober auch schon wieder vorbei. Das heißt zum Einen, dass ich eine Woche Ferien habe und Urlaub in Paris machen werde. Andererseits heißt das auch, dass damit schon die ersten zwei Monate meines Freiwilligendienstes um sind. Irgendwie ist immer etwas zu tun, deshalb fliegt die Zeit nur so an mir vorbei. Hier also mal eine kleine Zwischenbilanz:
1. Wenn 40km zur Weltreise werden
Letztes Wochenende habe ich zum ersten Mal das geballte Landleben gespürt. Ich war mit Lydia und Gönke, zwei deutschen Freiwilligen aus der Umgebung in Alencon, der nächstgrößeren Stadt (40km von La Ferté-Macé entfernt). Normalerweise gibt es eine Busverbindung, allerdings fährt samstags nur genau ein Bus. Für die Hinfahrt haben wir also noch den Bus genommen (der für die 40 km 1,5 Stunden braucht). Zurück wollten wir dann den Zug nehmen, um zuerst von Alencon nach Argentan (40 km von La Ferté-Macé und Alencon entfernt) zu kommen, um von dort aus den Zug nach Briouze zu nehmen, wo dann ein Bus nach La Ferté-Macé fährt. Beim Wollen blieb es dann auch. Nach Argentan sind wir noch gut gekommen, dann hatte allerdings der Zug nach Briouze fast eine Stunde Verspätung. Der Bus in Briouze war natürlich weg. Glücklicherweise wurden wir dann von einer netten Familie mitgenommen (zu sechst im Auto, Gönke saß auf meinem Schoß :D).
2. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul
Ich dachte, unser Appartement wäre perfekt. Mittlerweile weiß ich, dass selbst im Paradies nicht alles so ist, wie man es gerne hätte. Langsam wird es kalt hier in Frankreich und irgendwie will die Heizung nicht so, wie ich will. Außerdem haben wir ungefähr einmal pro Woche kein warmes Wasser, weil irgendwas mit dem Druckausgleich nicht stimmt (so hab ich das jedenfalls verstanden, mein Mitbewohner hat geduldig versucht, mir das zu erklären, aber Sprachbarrieren verstecken sich einfach überall). Und die Wände sind ziemlich dünn. Ich höre also alles: die Autos auf der Straße, die Gespräch der Nachbarn, meinen Mitbewohner, der sein Zimmer eine Etage über mir hat ...
3. Alle Wegen führen ... zum Kampfsport
Das Badmintontraining läuft leider auch nicht so, wie ich will. In den sechs Wochen (heute auf den Tag genau), in denen ich jetzt hier lebe, war ich zweimal beim Training (immer ausgefallen bzw. es wurde vergessen, mich abzuholen). Deshalb bin ich jetzt auf der Suche nach einem neuen Sport. Mein momentaner Favorit: Qwan Ki Do (gibt es tatsächlich hier in Ferté). Die Kampfsportarten lassen mich also einfach nicht los.
4. Landbrot statt Baguette ?!
Ich vermisse deutsches Brot. So lecker die Pains au chocolat auch schmecken; gegen deutsches Roggenmischbrot kommen sie nicht an.
5. unglaubliche Gastfreundschaft
Von jeder Person, die man neu kennenlernt oder einfach auf der Straße trifft, wird man mindestens zum Essen eingeladen. Mittlerweile stehen auf meiner Agenda: ein Wochenende mit einem der Lehrer und seiner Familie; ein mehrtägiger Ausflug nach Le Mans, um dort an der Uni den Deutschstudenten von Deutschland zu erzählen; und man glaubt es kaum: Während der Parisreise kann ich wahrscheinlich kostenlos bei einem Freund eines Freundes einer Freundin unterkommen.
6. Lost in Translation ?
Das Französisch wird langsam aber sicher besser. Die Sprachbarrieren werden kleiner und ich muss nicht bei jedem Satz um eine Wiederholung bitten. Allerdings lässt der erste französische Traum noch auf sich warten. Wort des heutigen Tages: "pleurnicher"
7. Weder Schüler noch Lehrer
Meine Beziehung zu den Schülern und auch zu Jordan, dem französischen Freiwilligen im CFTA, ist mittlerweile echt gut.Vor allem mit den FC (Erwachsenenbildung) und den Berufsschülern des 2. Lehrjahres verstehe ich mich richtig gut. Und trotzdem ist die Situation komisch: Alle von ihnen sind mindestens ein Jahr älter als ich und wir verbringen teilweise die Abende zusammen (Essen kochen/gehen, Musik hören, Karaoke singen). Am Tag danach muss ich in der Schule dann wieder eine gewisse Autorität ausstrahlen und kann nicht mehr der Kumpel sein. Das ist manchmal echt nicht einfach.
8. Heimweh ? Pas encore !
Ich muss ehrlich zugeben, dass mich die große Heimwehwelle noch nicht erreicht hat (irgendwie habe ich dafür auch gar keine Zeit). Natürlich vermisse ich meine Eltern und Freunde und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch schon ein- oder zweimal heulend im Bett gesessen, weil mich hier manches einfach angenervt hat. Aber 99% der Zeit bin ich einfach glücklich.