Cognitions ...
Wie die Zeit vergeht ... Mittlerweile bin ich jetzt schon seit 12 Wochen in Frankreich und arbeite hier im CFTA. Es ist also an der Zeit, mal eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen.
1. Parlez vous français ? Oui, bien sur !
Mein Französisch wird langsam aber sicher besser. Endlich müssen die Leute nicht mehr extra langsam für mich sprechen und in der Regel verstehe ich zwar nicht jedes Wort aber auf jeden Fall den groben Zusammenhang, egal um welches Thema es sich handelt. Das Sprechen ist allerdings immer noch etwas ganz Anderes. Ich kann mich zwar in jeder Situation äussern (ich arbeite mit einer französischen Tastatur und habe noch nicht herausgefunden, wie man das Eszett schreibt) aber die Art und Weise ist noch verbesserungswürdig. Dafür kenne ich mittlerweile unendlich viele landwirtschaftliche Begriffe auf Französisch. Hier mal ein kleiner Kurs:
agriculture (f) = Landwirtschaft
vache (f) = Kuh
mamelle (f) = Euter
veau (m) = Kalb
génisse (f) = eine "jugendliche" Kuh, ich weiss nicht, wie man das auf Deutsch sagt
élevage (f) = Zucht
élever un animal = züchten
salle (f) de traite = Melksaal ( sagt man das so auf Deutsch ? )
traire une vache = eine Kuh melken
2. Tagein, tagaus ...
Langsam ist der Alltagstrott eingekehrt. Ich weiss mittlerweile "par cœur", wann der Bus kommt, wie ich ohne Google Maps zum Supermarkt, zum Arzt oder zum See komme, wann der Müll abgeholt wird (immer dienstags und freitags) und wann die Bibliothek geöffnet und die Geschäfte geschlossen haben.
3. Erwartungen erfüllt ?
Was erwartet man sich von 10 Monaten in Frankreich ? Perfektes Französisch, jeden Tag Baguette, Camembert und Croissants ? Baskenmütze und gestreifter Pullover ? Kleine Dachgeschosswohnung mitten in Montmartre ?
Vor meinem Freiwilligendienst habe ich das Leben in Frankreich ganz schön romantisiert. Schliesslich wusste ich weder etwas über die Schule noch etwas über meine Wohnsituation oder die Stadt. Ich bin davon ausgegangan, dass ich nach 2 Monaten fliessend Französisch spreche und nach 10 Monaten das Niveau eines Muttersprachlers haben werde (natürlich ohne Akzent). Und ich war mir sicher, dass ich nach diesen 10 Monaten endlich weiss, was ich studieren möchte.
Mittlerweile kommen mir diese Erwartungen albern vor. Vor 12 Wochen bin ich davon ausgegangen, dass ich Französisch lernen und nebenbei einen Freiwilligendienst leisten werde. Dabei habe ich aber all die Erfahrungen, Begegnungen und Erlebnisse, die ein Leben als Freiwillige so mit sich bringt, komplett unterschlagen. Denn tatsächlich ist es genau andersherum: ich mache in erster Linie einen Freiwilligendienst in einem landwirtschaftlichen Umfeld; dass ich Französisch lerne, ist nur ein netter Nebeneffekt. Es ist einfach unglaublich, wie sich meine Sicht auf bestimmte Dinge allein in 12 Wochen verändert hat. Und darin liegt das grosse Problem. Ich verändere mich, entwickele mich weiter, ja werde erwachsen (das klingt jetzt ziemlich pathetisch) während meine Familie in Deutschland ihr Leben weiterlebt. Egal, wie viel ich auch von meinem Leben hier in Frankreich erzähle, so ganz nachvollziehen kann es keiner in Deutschland. Ob wir es wollen oder nicht. wir leben uns auseinander. Das betrifft auch die Suche nach einer passenden Studienrichtung. Momentan muss ich glaube erst einmal herausfinen, wer ich wirklich bin, bevor ich festlegen kann, was ich für den Rest meines Lebens machen möchte.
" Je suis peut-être un peu comme les grandes personnes. J'ai dû vieillir. "