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Drei Normannen auf feindlichem Gebiet.

Ostern in der Normandie ? Ziemlich langweilig und die Regenwahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch. Die Alternative: Ostern in der Bretagne, auch wenn der Regen dort nicht unwahrscheinlicher ist.


Und so kam dann auch. Am Gründonnerstag wollten sich Lydia (Freiwillige in Flers) und ich - nach der Arbeit wohlgemerkt - auf Weg nach Brest, der westlichsten Stadt der Bretagne, machen, um dort die Ostertage gemeinsam verbringen zu können. Alles war minutiös durchgeplant. Ich arbeite bis 15.30 Uhr, Lydia ist schon um 15.15 Uhr in La Ferté und meine Mitfreiwilliger Jordan nimmt uns mit und setzt uns in Alencon ab, wo wir um 16.24 Uhr den Zug nehmen. (Alencon - Le Mans - Rennes - Brest). Abfahrt ist um Punkt 15.30 Uhr. Aber natürlich kam alles anders. Um 15.45 Uhr sind wir endlich losgefahren und wie nicht anders zu erwarten, waren die Straßen am Donnerstag vor Ostern (langes Wochenende !) ziemlich voll. Punkt 16.30 Uhr standen wir dann also am Bahnhof in Alencon. Und unser Zug war weg - die letzte Verbindung nach Brest für diesen Tag. Zurück nach La Ferté oder Flers konnten wir auch nicht mehr, denn die Nachmittagsbusse fahren nur am Freitag. Ich hatte also zum ersten Mal in meinem Leben einen Zug so verpasst, dass ich weder an den Ausgangsort zurück- noch am Ankunftsort ankommen würde. Kurz kam die Hoffnung auf, dass wir ein BlaBlaCar nehmen und noch unseren Zug in Rennes einholen könnten, aber nach wiederholten Anrufen ging natürlich keiner ans Telefon (trotzdem wurde mir das Geld für die Mitfahrgelegenheit vom Konto angezogen, sodass ich mich jetzt noch mit dem Kundendienst rumschlagen muss).


Also standen wir ziemlich hilflos am Bahnhof und wussten erst einmal nicht wirklich weiter. Aber erstaunlicherweise sind wir vor allem im Nordwesten Frankreichs ziemlich gut connected und so haben wir doch noch spontan drei Übernachtungsmöglichkeiten in Rennes und eine in Le Mans gefunden (andere Freiwillige, Erasmusstudenten, ehemalige Couchsurfinghosts etc.) und dann tatsächlich in Rennes bei einem anderen Freiwilligen in seinem 9 m² Wohnheimzimmer geschlafen - wir zu zweit in seinem Bett, er mit Isomatte und Schlafsack auf dem Boden. Am Morgen sind wir dann endlich nach 2h im Zug in Brest angekommen. Da hat das Wochenende ja schon einmal toll angefangen.


Dafür war unsere Jugendherberge umso schöner - eine Holzvilla direkt am Strand. Um 13 Uhr kam dann auch die dritte Normannin (Freiwillige in Caen) an und so konnte der Urlaub endlich losgehen. Brest wurde während des Zweiten Weltkrieges fast vollständig zerstört, sodass die Stadt komplett wieder aufgebaut werden musste. Deshalb ist die Stadt - so traurig es klingt - ziemlich hässlich, von Industrie geprägt und hat auch keine Altstadt. Wir haben uns also nur kurz die Stadt angeguckt, wollten shoppen gehen - erfolglos - und sind dann kurzerhand ins Kino gegangen ("Lion", ein unglaublich guter Film).


Das Wochenende haben wir dann nur in der Natur verbracht. Am Samstag sind wir mit dem Bus in Richtung Le Conquet (westlichster Punkt des französischen Festlandes) gefahren und dann entlang der Küste zum Petit Minou, einem überaus hässlichen Leuchtturm, gelaufen (ich hab nicht einmal ein Foto gemacht - hätte sich nicht gelohnt). Und wie konnte es auch anders sein, haben wir für den Rückweg den Bus verpasst (oder er uns). Dummerweise fährt der Bus nämlich nicht in der Nähe der Küste, sondern man muss 5km ins Inland laufen. Das wussten wir natürlich nicht und haben uns deshalb viel zu spät auf den Weg zur Bushaltestelle gemacht ... Wann macht man da ? Man hält den Daumen raus. Und ziemlich schnell haben sogar zwei nette Bretonen angehalten, und uns bis nach Brest mitgenommen. Nach dem Pech der letzten Tage mussten wir schließlich auch einmal Glück haben.


Ostersonntag haben wir uns dann sogar mal ein Taxi gegönnt, um früh am Morgen (7 Uhr) zum Hafen zu fahren und dort eine Fähre nach Ouessant, der westlichsten Insel Frankreichs (wenn man jetzt mal die Überseegebiete in der Karibik außer Acht lässt), zu nehmen. Nach 2h Fahrt und ein bisschen Übelkeit haben wir uns dort dann Fahrräder ausgeliehen und den ganzen Tag lang bei strahlendem Sonnenschein die Insel erkundet. Und auch wenn nur 14° C waren, hatten wir alle drei den Sonnenbrand unseres Lebens (selbst zwei Tage später habe ich noch geglüht). Zwar waren wir nicht wirklich in Osterstimmung, aber zur Feier des Tages gab es doch für Jede ein Löffelei. :)


Am Montag hieß es nach einem kurzen und enttäuschenden Abstecher ins Brester Marinemuseum auch schon wieder Kofferpacken. Und diesmal haben wir sogar den Zug bekommen. Nach über 6h (unglaublich wenn man bedenkt, dass Brest und La Ferté nur knapp 300 km trennen) sind wir dann abends auch ziemlich müde und noch immer verbrannt in Briouze angekommen, wo uns dann meine Tutorin vom Bahnhof abgeholt hat. Nach sieben Monaten kennt sie mich schon ziemlich gut und hat uns mit den Worten "Sarah, wie ich dich kenne, hast du im Moment doch sowieso nichts im Kühlschrank" auch noch zum Essen einladen. Die Kinder hatten im Garten sogar eine kleine chasse aux oeufs für uns organisiert, sodass wir doch noch zum Eiersuchen kamen.


Ich habe jetzt noch diese Woche (also die Woche nach Ostern) Ferien und weiß nicht so richtig was ich mit mir anfangen soll. Meine französischen Freunde machen Praktika und sind in der ganzen Republik verteilt, die anderen Freiwilligen sind verreist oder müssen arbeiten. Und so habe ich am Dienstag kurzerhand meinem Mitbewohner und den Jugendlichen seiner Organisation beim Gemüsepflanzen geholfen, gestern endlich einmal ausgeschlafen und einen Journalisten bei seiner Arbeit begleitet, heute ein Bewerbungsgespräch über Skype geführt (ich muss mich ja schließlich auch um meine Zukunft kümmern ... ) und werde jetzt noch meine Tutorin und ihre Kinder nerven gehen.



Das ist doch mal ein schönes Ferienprogramm ... :)


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