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Macron.

Seit 3 Tagen hat Frankreich nun einen neuen Präsidenten und ob ich es nun will oder nicht, natürlich muss ich mich dazu äußern.


In den letzten Wochen war die Wahl ein zentrales Thema in meinen Leben - auch wenn ich selbst nicht in Frankreich wählen gehen darf. So musste ich also hilflos zusehen, wie meine Schüler, Freunde und Kollegen vor der ersten Runde darüber diskutiert haben, ob sie nun wählen gehen, ob sie aus Protest ungültig wählen, wen sie wählen und ob es sinnvoll ist, den Sozialdemokraten Hamon zu wählen, der alle viele Menschen überzeugen konnte, aber aufgrund von "votes utiles" (man wählt nicht aus Überzeugung; sondern den Kandidaten, der die besten Chancen hat - Macron - um eine Mehrheit für Marine LePen zu verhindern) gerade einmal 6% der Stimmen erhielt.


Zusammen mit Jordan, dem französischen Freiwilligen, habe ich den Schülern das Wahlsystem in Frankreich erklärt, und - auch wenn es nicht gern gesehen wird - versucht, Einfluss auf ihre Entscheidung zu nehmen. Doch einmal FrontNational, immer FrontNational.


Und auch wenn die Voraussagen für die zweite Runde einen klaren Sieg für Macron andeuteten, hatte ich bis zur letzten Minute so meine Zweifel, und definitiv nicht genug Vertrauen in die Franzosen. An den Brexit und Trump hatte ja schließlich auch keiner vorher glauben wollen. Umso erleichterter war ich nach der Verkündung der Ergebnisse. 66,1% für Macron. Definitiv nicht die beste Lösung für Frankreich, aber die Wahl einer Rechtsextremen Präsidentin in Frankreich sollte man nicht einmal in Betracht ziehen.


Und trotzdem liegt mir das Ergebnis schwer im Magen. Immerhin haben 33,9% für LePen gestimmt. Das sind 11 Millionen Franzosen, die der Meinung sind, dass "Schwarze und Moslems" Diebe und Mörder sind und den Franzosen die Arbeitsplätze wegnehmen. Kurz nach der Verkündung der Wahlergebnisse musste ich mir sogar von einem Schüler anhören, dass ich eigentlich gar nicht das Recht hätte in Frankreich zu leben und zu arbeiten ("Tu n'es pas Francaise") und am besten wieder nach Deutschland zurückkehren solle.


Und auch wenn mir viele meine Freunde und Kollegen vor der Wahl versichert haben, dass LePen mit ihrem Wahlprogramm definitiv nicht mich meint ("DU arbeitest doch in Frankreich, Sarah. Und bezahlst Steuern. Und lebst nicht vom Geld des Staates." - dass ich voll und ganz auf Kosten des französischen Staates lebe, habe ich dann lieber nicht klar gestellt), der Fakt, dass sie es nicht weiter bedenklich finden, dass eine Frau, die hochgradig rassistisch ist, die Möglichkeit hatte, Frankreichs nächste Präsidentin zu werden, macht mir doch zu schaffen. Tatsächlich erklärte mir eine Freundin vor Kurzem: "Du weißt doch gar nicht, wie Marine LePen regieren würde; wir hatten doch schließlich noch nie eine rechtsextreme Präsidentin." Da haben mir die Worte gefehlt.


Mittlerweile sind einige Tage vergangen und um Macron ist es ziemlich ruhig geworden. Vor ein paar Tagen wurde er offiziell als Präsident vereidigt und den Franzosen tut diese Ruhe mal ganz gut. Die ständigen Diskussionen, Skandale und Überdramatisierungen von Problemen und Krisen (die in meinen Augen nicht einmal existieren) waren ziemlich nervenaufreibend. Ob es allerdings nur die Ruhe vor dem Sturm ist, wird sich zeigen müssen. Im Juni finden die Parlamentswahlen statt, und ich hoffe doch inständig, dass die Franzosen Macron eine Chance geben, indem sie ein Parlament wählen, mit dem er sich einigen und so die nächsten fünf Jahre sinnvoll nutzen kann.


Das liegt natürlich alles nicht in meiner Hand, denn auch für die Parlamentswahlen bin ich nicht wahlberechtigt. So werde ich also nur die Daumen drücken können ....


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