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Der Besucher.

Fast vier Wochen ist es jetzt her, dass ich meinen letzten Artikel veröffentlicht habe. Viel Zeit, um mir Gedanken zu machen, und um einfach nur die Zeit mit meinen Freunden zu genießen.


Die letzte Woche in Lq (ich bin noch immer zu sehr an die französische Tqstqtur gewöhnt) Ferté war schrecklich und ungalublich schön zugleich. Ich habe viel Zeit mit meinen Freunden; den Filles Normandes, den Bauern und mit meinem MItbewohner und seinen Kumpeln verbracht. Wir haben nie Grandes Choses gemacht, sondern einfach nur entspannt am See gesessen, Eis gegessen und nebenbei ein Schloss erobert ... Und während sich alle darum bemüht haben, mir einen perfekten Abschied zu bereiten, war ich einfach nur unglaublich zickig (ich habe sogar meinen Mitbewohner aus der WG vertrieben) - und dabei weiß ich nicht einmal wieso. In jeden Fall war diese letzte Woche emotional unglaublich anstrengend und ich habe täglich geweint. So blöd es klingen mag ... So traurig ich war, La Ferté, meine Freunde und die Normandie verlassen zu müssen; so froh war ich, dass diese Tortur endlich ein Ende hatte. Ich konnte einfach nicht mehr und wollte nur noch nach Deutschland, um alle wieder zu sehen und um einfach nur Schlaf nachholen zu können.


Allerdings 'durfte' ich noch nicht gleich zu meinen Eltern, sondern 'musste' erst noch eine Woche auf Seminar ins südfranzösische Balazuc. In ein autonomes Dorf. Irgendwo im Nirgendwo. Ohne Empfang. Ohne Möglichkeit, mit den Leuten, die ich gerade erst in der Normandie zurückgelassen hatte und sooo schrecklich vermisste, irgendwie in Kontakt zu sein. Also genau wieder dieses Gefühl. 'Ich bin nicht da, wo ich gerade gerne wäre.' Ein Satz, der zur Allzweckwaffe gegen jegliche nervige Kommentare bezüglich meiner 'schlechten Laune' wurde.


Und dann war es endlich soweit. Nach fast genau drei Monaten sah ich endlich meine Eltern wieder. Für genau vier Tage. Vier Tage voller Termine. Besuch bei den Großeltern (beide Seiten), Arzttermine und ein Termin beim Einwohnermeldeamt. Dazu noch Essen gehen, Training, Freunde treffen. So gehetzt habe ich mich zuletzt während meiner Abizeit gefühlt.


Wie froh war ich dann, nach nur vier Tagen in Potsdam wieder zurück zu den Filles Normandes in die Normandie zu können. Doch wer braucht schon Pausen ? Also habe ich mir den Terminkalender genauso voll gepackt wie kurz zuvor in Deutschland. Besuch in La Ferté, Festivalwochenende in Caen, Besuch in Le Mans. Und dann kam es, wie es kommen musste. Ich wurde krank. So sehr, dass ich allein schon auf dem Weg ins Badezimmer Sternchen gesehen habe. Ich bin zwar noch keine 80 Jahre alt, aber drei Wochen ohne eine einzige Pause sind zu viel. Also musste mein geplanter Pariskurzurlaub (14. Juli - Nationalfeiertag mit Trump und Macron) ins Wasser fallen. Stattdessen bin ich bei den Mädels in Flers geblieben - natürlich trotzdem mit Liveübertragung der Festivitäten zum 14. Juli.


Mittlerweile bin ich jetzt in Deutschland. Noch immer nicht ganz auf der Höhe. Ich habe zwei Tage in Potsdam bei meinen Eltern verbracht und bin heute schon wieder weiter nach Leipzig gereist. dort findet die FechtWM statt, für die ich die nächsten neun Tage arbeiten werde. Pausenlos. Die Arbeit macht super Spaß und ich lerne viele neue Leute kennen - vor allem auch Journalisten (endlich tue ich mal ein bisschen was für meine Zukunft), und doch wünsche ich mir in dem Moment einmal mehr, zurück in der Normandie zu sein. 'On n'est jamais content là où l'on est.'


Ich weiß, dass ich mich mal wieder über meine Luxusprobleme echauffiere, und dass viele Menschen (die regelmäßiger und gewissenhafter arbeiten als ich) genervt davon wären, dass ich vor lauter Ferien und Urlauben nun einfach nur noch erschöpft bin. Aber ich habe einfach Angst, dass mir all das, was ich in Frankreich hatte, langsam aber sicher entgleitet. Ich klammere mich daran fest. An diesen Lebensstil. An die Gewohnheiten. An den Rhythmus. Und gleichzeitig ist mein Freiwilligendienst bereits jetzt schon gefühlt Lichtjahre entfernt. Und immer wieder ist dort dieses Gefühl, das sich langsam anschleicht. Egal, wo ich bin. Ich gehöre nicht hierher, denn irgendwie bin ich doch nur ein Besucher.


Ich weiß, dass dieses Gefühl vorüber gehen wird, dass ich mir selbst Zeit geben muss. Umgedrehter Kulturschock eben. Aber das kann ich nicht. Stattdessen buche ich schon wieder meine nächste Reise in die Normandie. Als Besucher. Denn so sehr ich es mir auch wünsche, es wird nie wieder so sein, wie vor sechs Wochen. Meine Freunde sind weggezogen. Neue Menschen sind gekommen. Vom Fertois zum Besucher. Vom Besucher zum Fertois.




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