Weihnachtsmarkt wider Willen.
Ein EVS, der ist lustig. Ein EVS, der ist schön. Meistens jedenfalls.
Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Artikel jetzt schon angefangen und wieder gelöscht habe. Gefühlt auch jeden Fall zu oft. Es ist natürlich immer sehr einfach, über tolle Ereignisse, Reisen und neue Menschen zu schreiben. Aber auch wenn der EVS eigentlich ein Selbstfindungstrip mit Partygarantie ist, möchte ich heute einmal zeigen, dass nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist (sein kann).
Um das Ganze ein bisschen besser verständlich zu machen, muss ich etwas weiter ausholen. So sehr ich auch gehofft hatte, dass es dieses Jahr mehr für mich zu tun gibt und ich wirklich in meiner Arbeit aufgehen könnte, so sehr wurde ich enttäuscht. Im TIC ist einfach nicht genug Arbeit für mich, ich gebe zwar jeweils einmal pro Woche Deutsch- und Englischunterricht, aber eigentlich bin ich ja nicht deshalb nach Lettland gekommen .... Bei der täglichen Arbeit kann ich meinen Kollegen aufgrund der Sprachbarriere kaum helfen - verständlicherweise. Deshalb bleibt mir nichts Anderes übrig, als selbst Initiative zu ergreifen und mir neue Projekte auszudenken. Eigentlich gefällt mir das ziemlich gut - ich kann selbstständig arbeiten, Verantwortung übernehmen und das machen, was mir Spaß macht. Aber viel zu oft schleichen sich Zweifel ein. Warum mache ich das hier gerade ? Das TIC würde doch genauso gut ohne mich laufen ... Und es entstehen Tage wie heute. Bis jetzt habe ich nur die wenigen Aufgaben für diese Woche (mein Bücherregal fertig basteln, Deutsch- und Englischunterricht vorbereiten, Werbefotos für verschiedene Läden in Tukums machen) auf die verschiedenen Tage verteilt, meinen Deutschunterricht vorbereitet und jetzt diesen Blogpost angefangen ... Zwischendurch lande ich immer wieder - wie durch Zauberhand - auf Facebook oder YouTube und am Abend gehe ich dann mit dem Gefühl nach Hause, einmal mehr nur einen Tag vertrödelt zu haben ....
Aber nun genug des Selbstmitleids; kommen wir endlich zum Punkt.
Ich habe mal wieder die Initiative ergriffen und meinen Tukumer Mitfreiwilligen vorgeschlagen, einen internationalen Weihnachtsmarkt zu organisieren. Meine Chefin war auch mehr oder weniger von dieser Idee begeistert und so haben wir letztendlich einen Stand im angeblich 'städtischen' Weihnachtsmarkt bekommen. Tatsächlich war es eigentlich nur ein kleiner Markt mit Dekogegenständen in einem Kosmetikladen. Das konnte ja schon einmal kein gutes Omen sein, aber optimistisch wie ich normalerweise bin, habe ich mir nichts dabei gedacht. Am Donnerstag war es dann endlich soweit: der Tag des 'Weihnachtsmarktes'. Sechs Freiwillige sollen die Weihnachtstraditionen ihrer Heimatländer präsentieren. Aber nur zwei Freiwillige stehen pünktlich vor der Tür. Aber ich verliere den Optimismus natürlich nicht. Wir kommen an, und uns werden nicht einmal Tische und Stühle zur Verfügung gestellt. Also rennen wir zu zweit durch ganz Tukums, um noch irgendwo einen Tisch zu organisieren. Als wir ankommen - dieses Mal sogar mit einem Tisch, sind auch endlich (fast) alle anderen Freiwilligen da und der Weihnachtsmarkt wird halbwegs zum Erfolg - auch wenn kaum Menschen kommen. Am Abend bin ich dann nur noch genervt, denn eine meiner Mitbewohnerinnen hatte am Morgen die Küche komplett verwüstet und ist dann, ohne aufzuräumen und auch ohne Schuldgefühle zu verspüren, über Nacht nach Riga gefahren. Da hing der Haussegen dann schon gefährlich schief. Am Freitag standen wir dann noch einmal - mehr oder weniger pünktlich - auf dem Weihnachtsmarkt und so unglaubwürdig es jetzt klingen mag, kein einziger Mensch ist gekommen, sodass wir nach drei Stunden unsere Zelte wieder abgebaut haben - komplett enttäuscht, deprimiert, demotiviert. Und plötzlich waren zum Aufräumen auch nur noch vier Freiwillige da. Die anderen haben plötzlich ganz schlimme Bauch- oder Kopfschmerzen. Akute KeineLusteritis vermute ich mal ...
Aber nun weiß ich es besser. So blöd die beiden letzten Tage für mich auch gelaufen sind, ich habe unglaublich viel gelernt - über meine Mitbewohner und auch über mich. Ich weiß jetzt, mit welchen meiner Mitfreiwilligen ich zusammenarbeiten kann und mit welchen überhaupt nicht. Und ich glaube ich habe mehr Gelassenheit an den Tag gelegt, als ich mit meinem Hitzkopf je für möglich gehalten hätte ...