Die ewigen Zweifel.
Nach meinem Höhenflug in der letzten Woche holen mich heute einmal mehr die Zweifel ein.
Warum ? Weshalb ? Wieso ?
Nach einem Gespräch mit meiner Chefin und zwei sehr anstregenden und arbeitsreichen Wochen ist jetzt wieder der Alltagstrott eingekehrt. Und surprise, surprise ... es ist einmal wieder Nichts zu tun für mich. Zwar geben meine Kollegen ihr Bestes, um mich ein bisschen abzulenken (gestern haben wir uns spontan ein Herrenhaus in der Nähe angeguckt, was auch schon das Highlight der Woche bleiben wird .. ), aber dennoch bleibt mir dieses nagende Gefühl nicht erspart.
Was mache ich hier ?
Auch wenn ich mir durchaus bewusst bin, dass ich im TourismOffice nicht unersetzbar bin und die Kollegen ohne mich wahrscheinlich sogar weniger Arbeit hätten, weil nicht irgendeine kleine Freiwillige mal wieder das komplette Büro verwüstet hat; hatte ich mir doch erhofft, meinen zweiten Freiwilligendienst nun wirklich nutzen können. War ich während der Zeit in Frankreich einfach noch nicht bereit, die Initiative zu ergreifen, und habe oft meine Ideen meinem französischen Mitfreiwilligen überlassen, nur um nicht die Verantwortung für die Umsetzung tragen zu müssen, sollte dieses Jahr alles anders werden.
Ich wollte mutig sein. Das Unmögliche versuchen. Am Ball bleiben. Tukums ein kleines Bisschen besser machen. Ich weiß, dass mich viele Menschen jetzt mitleidig anschauen würden. Die kleine Deutsche ist nach dem Abi in die große weite Welt gezogen, um den Hunger zu stoppen, Elefanten zu beschützen und die Welt zu retten. Jetzt sitzt sie zwischen all den Tatsachen auf dem Boden und muss feststellen, dass sie nicht einmal weiß, was Hunger bedeutet; was Elefanten wirklich brauchen und dass die Welt Probleme hat, die sie nicht einmal im Ansatz versteht. Und dann bleibt ihr nur noch die Enttäuschung ...
Vielleicht. Vielleicht bin ich enttäuscht. Ziemlich wahrscheinlich sogar. Und wahrscheinlich hadere ich mit meinem Freiwilligendienst hier in Tukums. Ich fühle mich nutzlos; zu meinen Events kommt niemand; die Kollegen erfinden Arbeit für mich - tackern, lochen, kopieren, aufräumen, putzen. Natürlich war ich naiv, als ich mich für die Stelle in Tukums beworben habe. Ohne diese Naivität wäre ein Freiwilligendienst kaum möglich. Wer zieht denn schon Hals über Kopf in ein anderes Land, um dort auf engstem Raum mit völlig Fremden zusammen zuleben - vor allem in dem Wissen, kein Gehalt bekommen zu werden !?
Und dennoch bin ich stolz auf diese Naivität; ich würde behaupten, es wäre Optimismus. Ich werde weiterhin Events veranstalten und am Abend vergebens auf das Publikum warten. Mails an Schulen schreiben, auf die ich vielleicht nie eine Antwort bekommen werde. Und Englischunterricht geben, bei dem ich mir nie sicher bin, ob meine Schülerin mich überhaupt versteht, weil sie selbst auf Lettisch zu schüchtern ist, um zu antworten.
Aber habe ich mir nicht genau das gewünscht? Herausforderungen en masse ? Ob ich sie überwinden kann, wird sich noch herausstellen. Aber genau das ist die Verantwortung, die ich zu tragen habe.